Meine Plauderroute

Verabredet mit Michael Pitt

Mein heutiger Plaudergast ist der Kalletaler Bürgermeister Mario Hermann Hecker

Herr Hecker, was ist denn ein Schwammdorf?

Mario Hermann Hecker ist Jahrgang 1975, verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist wohnhaft in Kalletal und ging dort auch zur Schule. Nach einer Ausbildung zum Maurer und geleistetem Zivildienst bei der Stiftung Eben-Ezer studierte er in Paderborn/Höxter beim FB 8 „Technischer Umweltschutz“ mit dem Abschluss Ingenieur, Schwerpunkt Wasser und Abwassertechnologie. Nach einigen Jahren Tätigkeit in der freien Wirtschaft sowie bei den Gemeinden Dörentrup und Kalletal wurde er als parteiloser und unabhängiger Kandidat 2015 zum Bürgermeister Kalletals gewählt. 2020 wurde er mit großer Mehrheit erneut im Amt bestätigt.

Als ich mich im Januar diesen Jahres mit Mario Hecker zur Plauderei über den Hochwasserschutz und die Wanderwege im Kalletal verabrede, hat es in den vorhergehenden Wochen kräftig geregnet. Die Böden auf den Feldern und Wiesen stehen teils noch unter Wasser, die Wanderwege sind kaum begehbar. Da trifft es sich gut, dass einige Tage mit kräftigem Frost angesagt sind – so sollten wir eigentlich auf angefrorenem Grund trockenen Fußes ein paar Kilometer spazieren gehen können.

Wir treffen uns bei knackigen Minusgraden und kräftigem Wind vor dem Rathaus in Hohenhausen, die Sonne scheint. Nach einigen Minuten Fahrt steigen wir kurz nach Bentorf aus dem Wagen. Auf dem „Weg der Blicke“ laufen wir in Richtung Kalldorf, rechterhand verläuft unter uns der Wiebesiekbach. Und sofort sehe ich, warum Kalldorf besonders bei Starkregenereignissen bedroht ist: wie in das schmale Ende eines Trichters münden hier über die abschüssigen Felder die Regenmassen in den Bach, welcher dann die Wassermassen durch das Dorf führt. Gemeinsam mit den Zuflüssen der Westerkalle und Osterkalle sammeln sich die Wassermassen in Kalldorf und sorgen gegebenenfalls für mit Schlamm und Wasser vollgelaufene Keller und Überflutungen.

Mario Hecker ist sofort in seinem Element und erklärt mit Blick auf den abschüssigen Acker: „Oft sind es Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Wenn die Furchen beispielsweise nicht in Fliessrichtung des Wassers, sondern im rechten Winkel dazu gezogen werden, verändert sich die Fliess­geschwindigkeit und auch die Menge des ablaufenden Regenwassers!“ Gräben und Hecken an Wirtschaftswegen und Ackerrändern würden der Erosion entgegenwirken und weiterhin auch Wasser zurückhalten. 

Sorgen machen dem Bürgermeister auch eher die immer häufiger auftretenden plötzlichen Starkregenereignisse und weniger der übliche Dauerregen mit kon­tinuierlich steigenden Pegeln. Wobei dieser im Dezember zusätzlich dafür sorgte, dass der Boden kein Wasser mehr aufnehmen und speichern konnte, während in den vergangenen Hitze-Sommern der Grund so trocken verdichtet war, dass er nahezu versiegelt und undurchlässig wurde.

„Im Kalletal beschäftigen wir uns bereits seit dem Jahr 2018 mit dem Thema ,Starkregen‘. Begonnen mit der flächendeckenden Erarbeitung von Starkregengefahrenkarten, hat sich das digitale Wirtschaftswegekonzept, das Schwammdorfprojekt und aktuell das Smart City Hochwasser-Frühwarnsystem angeschlossen. Dabei ist mir bewusst, dass es vielen betroffenen Bürgern nicht schnell genug geht, aber Maßnahmen müssen auch wirken. Blinder Aktionismus kostet viel Geld, ohne dass sich tatsächlich etwas verbessert. Wir sind jetzt am Punkt der Umsetzung. Dieser setzt die enge Abstimmung mit unseren Landwirten voraus, die schon beim Wirtschaftswegekonzept vorbildlich war“, erklärt mir Mario Hecker.

Nicht nur Kalldorf ist bei kräftigen Starkregenereignissen gefährdet. Die Weser, Osterkalle und Kalle sowie die Westerkalle machen rund ein Dutzend Ortschaften der Kommune zu Hochwasserrisikogebieten (siehe auch Karte des Hochwasserrisikomanagementplanung NRW). Mario Hecker ist in seinem Element. Ich merke ihm seine Leidenschaft für das Thema an, und er füttert mich bereitwillig mit Zahlen, Fakten und Einzelheiten seiner Strategie. Starkregengefahrenkarten (siehe Link) seien mit dem Kreis Lippe erstellt worden, um Informationen über Fliesswege zu erhalten, das Wirtschaftswegekonzept liefere Erkenntnisse über verfügbare Flächen für Rückhaltungen und Hecken. Das Projekt „Schwammdorf“ (Wasser soll von geeigneten Flächen wie ein Schwamm aufgesogen werden bevor es Unheil anrichten kann) und die Inanspruchnahme von Förderpotenzial der „Klimaanpassungsrichtlinie“ des Landes NRW werde nun in Anspruch genommen. Zu guter Letzt verspricht er sich einiges von der Arbeit des Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo, dort werde in Kooperation mit Lemgo im Rahmen des Smart-City-Projektes an einem Hochwasser­frühwarnsystem gearbeitet – erst einmal für Langenholzhausen.

Wir haben so viel über den Hochwasserschutz geredet, dass uns für das Thema „Wanderwege im Kalletal“ kaum Zeit bleibt. Wir sind mittlerweile am Gemeinschaftshaus in Kalldorf angekommen, es wird auch schon dunkel und wir machen uns auf den Rückweg.

Glücklicherweise haben wir vom LiMa schon einige Kalletaler Wege vorgestellt, unter anderem über den „Taller Wichtel“ und den „Weg der Blicke“, und so wissen wir um die Schönheit des Kalletal. 

Mario Hecker stapelt abschließend dann auch sympathisch typisch lippisch tief: „Es ist klar, dass Kalletal mit Ausnahme des Campingparks an der Weser kein touristischer Hotspot ist. Das muss es aber auch nicht zwingend. Wer die Wanderwege in Nordrhein-Westfalens erster ,Naturpark Kommune‘ erkundet, auf dem Waldbaden-Pfad seine Entspannung gefunden hat und mit einem ,in Kalletal war es schön, das besuche ich wieder‘ heimkehrt, dann macht mich das als Bürgermeister schon glücklich und Kalletal bleibt in positiver 
Erinnerung. Das ist doch auch was!“

Image

// Hier gibts mehr Details!

Hochwasser­risikomanagement­planung NRW
https://go-2.click/dW

Starkregengefahrenkarte Kreis Lippe
https://kreis-lippe.maps.arcgis.com/apps/webappviewer3d/index.html?id=5601a7a639ab4f45a9ce7a4b48d4169f

Wandern im Kalletal
https://www.kalletal.de/Tourismus/Wandern.htm?