Meine Plauderroute

Verabredet mit Michael Pitt

Ein Spaziergang durch das ‘mörderische Lipperland’

Wir Lipper sehen unsere Heimat gern landschaftlich reizvoll, voller Kultur, reich an Geschichte und bewohnt von aufrechten,hart arbeitenden und doch grundtief sympathischen  Menschen. Doch das Böse lauert überall, und darüber schreiben mittlerweile zahlreiche lippische Autoren. Die Deutschen lieben Krimis, nahezu jedes zweite verkaufte Buch in Deutschland wird dem Genre ‘Krimi, Thriller, Horror’ zugerechnet. Wir haben uns mit dem Lemgoer Autor Christian Jaschinski zu einem Spaziergang auf dem Rundweg ‘Natur & Kultur um Wendlinghausen’ getroffen und mit ihm über seine Krimis, das Schreiben und das Leben im Allgemeinen gesprochen.

Warum wir uns gerade auf diesem Weg treffen, erklärt mir Christian während wir auf dem Parkplatz des Innovationszentrum für Elektromobilität und Erneuerbare Energie im Ländlichen Raum (IZB) unsere Straßenschuhe gegen Wanderstiefel tauschen. (Es beginnt nämlich pünktlich zum Start ein unaufgeregter, die Wege aber stetig durchweichender lippischer Nieselregen). In seinem nächsten Werk nämlich sitzt der Protagonist, gerade aus der Haft entlassen, auf einer Friedhofsbank unterhalb des Strubberg und denkt über sein Leben nach. Und genau diese Friedhofsbank werden wir auf der Runde rund um Wendlinghausen besuchen. 

Damit haben wir auch die Schnittstelle zwischen Christians Jaschinskis Krimis und dem Lipperland gefunden: seine spannenden Geschichten spielen direkt vor unserer Haustür. In ‘Wolfsspiel’ gilt es einen perfiden Serienkiller zu finden, welcher sein erstes Opfer im Kurpark Bad Salzuflen hinterlässt, im kriminellen Freizeitführer ‘Mörderisches Lipperland’ ist sein Ermittlertrio um Tara Wolf gleich in 11 Fällen (Kurzgeschichten) unterwegs. 

Wenige Meter nach dem Start überqueren wir schon das Schloss und Gut Wendlinghausen. Die Architektur der Weserrenaissance verleiht der Anlage etwas Prachtvolles, heute im leichten Nebel wirkt sie auch gleichzeitig etwas unheimlich - passend zum Thema Krimi. Während wir leicht bergan zum Ruheforst wandern, erzählt mir Christian etwas über den Plot seines neuen Krimis (streng geheim), die Arbeit mit den Lektoren der Verlage (befruchtend, aber auch anstrengend) und die Schwierigkeiten, einen vertrauensvollen Verleger zu finden (wirklich anstrengend). Unter den Lärchen, Buchen und Eichen des Ruheforsts halten wir beim Kreuz kurz inne, dann geht es vorbei am Blomensteiner See (eher ein Teich) weiter durch den bewirtschafteten Wald. Nach knapp 3 Kilometern erreichen wir dann die bereits erwähnte Friedhofsbank. 

Von dort aus hat die Hauptfigur in Jaschinskis kommenden Roman während seiner inneren Rückschau eigentlich eine grandiose Weitsicht über das lippische Hügelland - heute sehen wir wegen des Wetters mit viel Fantasie gerade mal den gegenüberliegenden Hang. Wir kommen im Gespräch auf seinen kriminellen (Krimi-) Freizeitführer, der Kurzgeschichtensammlung ‘Mörderisches Lipperland’. “Wer mordet schon in Lippe? Wie bekamen die Lemgoer Strohsemmeln ihren Namen?”, das fragt der Klappentext. Natürlich gibt es die Antworten dazu im Buch, und obendrein 125 Freizeittipps und Infos zu Sehenswürdigkeiten in ganz Lippe, von Lüdge bis Oerlinghausen, von Horn-Bad Meinberg bis zum Kalletal. Während der Unterhaltung nimmt man wahr: Christian schätzt das Lipperland und war unzählige Stunden für die Recherchen unterwegs, meist wandernd, oft auch allein und wenn die ‘Tatorte’ nicht “so überlaufen waren”. Es gibt übrigens auch eine Seite im Internet, in der die Tipps geordnet nach Orten und Kapiteln grafisch aufbereitet sind (Link unten). Auch heimatkundige Lipper können dort vielleicht noch die eine oder andere Perle finden und dann auch wandernd oder auf dem Rad erkunden. 

Unser Weg, der auch auf Teilen des ‘Lipperlandweges’ und dem ‘Weg der Blicke’ verläuft, geht langsam zu Ende. Wir werfen noch einen letzten Blick auf die im dichter werdenden Nebel verschwindenden Rotorblätter der neu aufgestellten Windkraftanlage, dann erreichen wir wieder den Parkplatz. Gute 90 Minuten waren wir unterwegs, und reizvoll war der Spaziergang tatsächlich auch - trotz Nebels und des lippischen Landregens.